Der edle Wilde

Die Figur des edlen Wilden (engl. noble savage, frz. bon sauvage) scheint ein Archetyp zu sein, der ein Wunschbild des Menschen darstellt so wie die Utopie das Wunschbild eines Landes beschreibt. Wunschbilder überzeugen durch Illusion, nicht durch Wissen. Daher stammen edle Wilde meist aus fernen Gegenden, über die man nicht viel weiß. Das Zeitalter der Entdeckungen förderte solche Geschichten und schuf die Figuren Robinson mit Freitag, den königlichen Sklaven Oroonoko, Winnetou, den Waldläufer Lederstrumpf mit Chingachgook und Uncas, verallgemeinert zum Indianer, Touareg oder Südsee-Insulaner. Der edle Wilde ist kein Wilder Mann, weil er kultiviert ist statt triebhaft.

Der erste historisch benannte edle Wilde war Anacharsis. Alle Angaben über ihn wurden überliefert, sind jedoch nicht belegt:

Die Figur des Anacharsis war zu Herodots Zeiten im griechischen Raum allgemein bekannt, nicht jedoch in der skythischen Überlieferung. Ob es zu dieser Idealfigur also eine reale historische Persönlichkeit, war bereits zu Herodots Zeiten spekulativ. Die ihm zugeschriebenen Bildsäulen wurden nicht gefunden. Als Idealfigur war Anacharsis jedoch bis in die Neuzeit produktiv, unter anderem als Protagonist eines fiktiven Reiseberichts:

Literatur