Inhaltsverzeichnis

Liste der Beförderungssysteme

Beförderungssysteme
Boten und Fahrende Händler
Liste der Fernhandelsnetzwerke

Das Botenwesen zwischen Zweistromland und Nil

Die Läufer (ruts) der Bibel

Die Bibeltexte 1) erwähnen des öfteren Läufer (Hebr. רוּץ rûts, `rennen´; lat. cursores regis, gr. ἀπεστάλη), etwa um Einladungen von Stadt zu Stadt zu schicken 2), königliche 3)) Erlasse zu überbringen: »zogen auf das Wort des Königs unverzüglich aus« 4), »und die Schreiben wurden gesandt durch die Läufer in alle Länder des Königs….« 5) Nachrichten mittels einer Kette von Läufern zu überbringen 6).

Assyrisches und ägyptisches Botenwesen

»Er vermacht, ehe er nach fremden Ländern geht, 
sein Vermögen seinen Kindern, 
aus Furcht vor den Asiaten und den wilden Tieren ... 
Kaum nach Hause gekommen, muss er wieder fort; 
wenn er abreist, liegt Zentnerlast auf ihm.«

Aus einem ägyptischen Papyrus der XII. Dynastie 
(24. Jahrhundert v.Chr.), worin unter anderem 
der Beruf des Boten beschrieben wird.
Gaston Maspero: Du genre épistolaire chez 
les anciens Egyptiens de l'époque pharaonique.
Paris: Franck 1873.

Hethitisches Botenwesen

»Royal Roads« im achämenidischen Reich (άγγαοψον, Angarium)

Die persischen Poststationen im 19. Jahrhundert hießen chapar khanehs (türkisch).

Die Boten im persischen Reich

Die berittenen pirradaziš (`Expressboten´, griech. ἄγγαροι) sind im Archiv von Persepolis (»Festungstafeln«) dokumentiert und von Herodot beschrieben 9). Sie sollen die rund 2.500 Kilometer lange Königsstraße in sieben Tagen zurückgelegt und dabei deren 111 Raststationen in 22 Kilometer Abstand genutzt haben.
Einfache Boten hießen hutlak (griech. ὁδοποιοί) und konnten auch Träger (lin hutira) sein, die »Vorläufer« karabattiš, letztere vermutlich ortskundige Führer von Karawanen. 10) Die Begriffe des Beförderungssystems (ἀγγαρεῖον, angareíon ) sind fast nur griechisch überliefert: Stationen (σταθμοί; βασίλειοι), Herbergen (καταλύσεις), Straßenwächter (ὁδοφυλάκεις) 11)

Boten im antiken Griechenland

angelós, ἄγγελος (Bote) erscheint bereits im Altgriechischen mit fremder, also älterer sprachlicher Wurzel, auch ángaros, ein persischer Kurier, 12), apostellō, ἀποστέλλω (Gesandte) abgeleitet von `senden´ (στέλλω stéllō < indogermanisch *stel-) . Im antiken Griechenland war der der Angelos heilig, weil er Nachrichten und Botschaften von außen brachte; später wurde differenziert zwischen Engel und Gast, zwischen dem Helden auf der Suche nach dem Heiligen Abenteuer und dem Reisenden.

Im antiken Griechenland wurde der Eilbote Hemerodromos genannt, weil er Nachrichten über große Distanzen innerhalb eines Tages transportierte. Das altgriechische ἡμεροδρόμος setzt sich aus `Tag´ (ἡμέρα heméra) und `Lauf´ (δρόμος drómos) zusammen, Mehrzahl Hemerodromoi. Noch heutige Wettbewerbe (Marathon, Spartathlon) beziehen sich auf Hemerodromoi wie Pheidippides 490 vor Christus, als er 247 Kilometer in zwei Tagen von Marathon nach Sparta lief, Hilfe erbittend 13) oder Thersippos/Eukles 14), der nach dem Sieg der Athener über die Perser 42 Kilometer von Marathon nach Athen lief, die Nachricht vom Sieg überbringend.
Hemerodromoi sind kaum erwachsen und »nehmen auf ihrem Laufe nichts als Bogen, Pfeile, Wurfspieß und Feuersteine mit; denn diese Dinge sind ihnen auf der Reise ungemein nützlich.« 15)
Eine Inschrift auf dem Sockel einer Siegerstatue des Philonides in Olympia lautet: »König Alexanders Eilbote und Ausschreiter Asiens Philonides des Zoitos Sohn aus Chersonaos in Kreta hat Dies dem olympischen Zeus geweiht« 16), dabei wird Bematistes mit `Ausschreiter´ übersetzt, gemeint ist jedoch eine Art Vermesser. Der Bote ist also nicht nur Sportler und Vermesser, sondern gehört auch zur sozialen Elite. Über denselben 17) sagt Plinius 18): »Philonides, der Läufer Alexanders des Grossen, legte den 1200 Stadien [ca. 240 km] langen Weg von Sicyon nach Elis in neun Stunden am Tage zurück«.

Cursus Publicus

Die Boten im Römischen Reich

Im römischen Reich waren Boten einfache Dienstleister, weder Helden noch Sportler, sondern Freigelassene oder Sklaven. Die tabellarii (tabellarius) transportierten schriftliche Mitteilungen (tabellae); größere Distanzen übernahmen (berittene) Kuriere stratores (sternere àufsatteln´), später auch speculatores. Dagegen war der einfache Läufer als Bote ein corisator oder cursor (pedites cursores), als Träger ein gerulus 21), aber auch: baiulus, cartifer, executor, exhibitor funifer, gestor, lator, missus, nuntius, ostensor, perlator, portitor litterarum, rolliferVeredarius beschreibt die griechischen und römischen Boten sehr ausführlich und betrachtet sie als nachrichtendienstliche Voraussetzung für den Weltverkehr, neudeutsch Globalisierung.
So korrespondiert der griechische Götterbote Hermes mit dem angesehenen Hemerodromos, der die Welt vermisst; der römische Gott Merkur dagegen mit dem dienstleistenden tabellarius und dem Markt (lat. merx).

Das Botenwesen in China

Die Textsammlung Zhou Li 周禮 aus der Han Dynastie (206 vor bis 200 nach Chr.) beschreibt ein System mit

Während der Tang Dynasty (618–907) wurde das System durch einflussreiche Familien betrieben. In der Sung Dynasty (960–1279) überführte der Staat das System in militärische Kontrolle.
In der Yuan-Dynastie 1271-1368 entstand unter der mongolischen Herrschaft ein System mit bis zu 10.000 Poststationen und 200.000 Pferden. Berittene Kuriere (mabo 馬撥) und laufende Eilboten (bubo 步撥) verbanden die zentrale Administration mit den Provinzen. Die Stationen hießen yizhang 驛站 oder mongolisch yam (aus mong. jamci, chin. zhanch 站赤). Im mongolischen Raum entstand das ähnlich organisierte Yam.

Dromos im byzantinischen Raum

Barīd im arabischen Raum

Yam im zentralasiatischen Raum

2)
2. Chr 30,6-10
3)
(1. Kön 14,27.28; 2. Kön 10,25; 11,4-19; 2. Chr 12,10.11
4)
Est 3,13.15; 8,10.14
5)
Esther 3, 13
6)
Jer 51,31
7)
-talla kennzeichnet einen Beruf
8)
8.98.1, deutsche Übersetzung: λέγουσι γὰρ ὡς ὁσέων ἂν ἡμερέων ᾖ ἡ πᾶσα ὁδός, τοσοῦτοι ἵπποι τε καὶ ἄνδρες διεστᾶσι κατὰ ἡμερησίην ὁδὸν ἑκάστην ἵππος τε καὶ ἀνὴρ τεταγμένος: τοὺς οὔτε νιφετός, οὐκ ὄμβρος, οὐ καῦμα, οὐ νὺξ ἔργει μὴ οὐ κατανύσαι τὸν προκείμενον αὐτῷ δρόμον τὴν ταχίστην. Sinngemäß: Xerxes schickte einen Boten nach Persien mit der Nachricht von seinem gegenwärtigen Unglück. Kein Sterblicher kann einen Weg schneller bewältigt als diese Boten. So viele Tage wie die Reise dauert, so viele Männer und Pferde stehen bereit, jedes Pferd und jeder Mann im Abstand einer Tagesreise. Weder Schnee noch Regen, noch Hitze oder Dunkelheit hindern sie daran, ihren vorgeschriebenen Kurs mit aller Geschwindigkeit zu erreichen.
9)
Herodot 8,98
10)
The Cambridge history of Iran. Cambridge 1985: Cambridge University Press Band 2 S. 607.
Fagan, Garrett G. (Hg)
New Perspectives on Ancient Warfare.
XIII, 372 S. Leiden 2010: Brill. Kapitel: All the King’s Horse: In Search of Achaemenid Persian Cavalry, S. 134–135
11)
Karlheinz Kessler
Königsstraße
Der Neue Pauly Leiden: Brill DOI
12)
Robert Beekes: Etymological Dictionary of Greek. 1. Auflage. Band 1: Α–Λ, Brill, Leiden, Boston 2010, ISBN 978-90-04-17420-7 (Band 10/1 der Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series) Seite 9
Band 2: Μ–Ω στέλλω Seite 139
Diskutiert werden Ableitungen über das mykenische a-ke-ro aus dem Semitischen 𐡀𐡍‬𐡂𐡓𐡕‬𐡀‎ ’engirtā `Brief, Vertrag´, Akkadischen ܐܓܪܬܐ‎(ˀeggarṯā `Brief, Dokument´) letter, document”), dem Sanskrit अजिरा ajirā `schnell, beweglich´
13)
Herodot 6, 105–106
14)
Plutarch, Vom Ruhm der Athener 347 n. Chr., dessen Quelle war Herakleides Pontikos
15)
Veredarius 1885, S. 45
16)
Veredarius 1885, S. 45; Pausanias, Beschreibung Griechenlands 6.16.5
17)
Jacoby, Felix, “Philonides von Kreta (121)”, in: Die Fragmente der Griechischen Historiker Part I-III, General Editor: Felix Jacoby. Consulted online on 24 March 2021 <http://dx.doi.org/10.1163/1873-5363_boj_a121>
18)
Naturalis historia Band 2, Kap. 73
19)
Kolb, Anne (Frankfurt/Main), “Mansio”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). DOI
20)
Kolb, Anne (Frankfurt/Main), “Angaria”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). DOI
21)
Kolb, Anne, “Tabellarius”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte).
22)
Gabriel, Richard A.
Subotai the Valiant : Genghis Khan's Greatest General.
XII, 164 S. Praeger 2004
23)
Morgan, D. O.
The ‘Great “Yāsā” of Chingiz Khān’ and Mongol Law in the Īlkhānate.
Bulletin of the School of Oriental and African Studies, University of London, 49.1 (1986) 163-176 [https://www.jstor.org/stable/617678|[Online ]]