Christophorus
- Der Christophorus ist seit 1952 das offizielle Kundenmagazin der Porsche AG.
- Christophorus heißen auch die Seminare der Verkehrswacht und die Rettungshubschrauber des ADAC
- Beide sind benannt nach
Christophorus
dem Schutzpatron der Reisenden im christlichen Glauben; er gilt als Märtyrer, manchmal auch als Heiliger, ist der christlichen Kirche jedoch eher suspekt.
Sein griechischer Name Χριστόφορος bedeutet »Christusträger«. Dieser Träger wird als meist bärtiger Hüne mit Stab dargestellt, der das Jesuskind auf seinen Schultern durch einen Fluss trägt, ikonographisch ist er ein Wilder Mann, jedoch bezeichnet man ihn oft als Ferge (Fährmann).
In der germanischen Mythologie entspricht ihm Vadi
(Wade, Wate, Waetla) `der Watende´, der Vater Wielands, ein bärtiger Hüne 1). Dieser trug seinen Sohn durch einen tiefen dänischen Sund zu den Zwergen, damit dieser das Schmied-Handwerk erlerne. Ihm und/oder seinem Sohn wird die Erfindung des Schiffbaus zugeschrieben und damit auch der Beruf des Fährmanns. Grimm stellt die historische Watling Street durch England zu diesem Namen 2), eine der vier englischen Königsstraßen.
Karl Müllenhoff
Wado
.
Zeitschrift für deutsches Alterthum, 6 (1848) 62-69McConnell, Winder
The Wate Figure in Medieval Tradition.
(=Stanford German Studies, 13) 129 S. Bibliogr. S. 117-129. Bern 1978: P. Lang.François-Xavier Michel
Wade: lettre sur une tradition angloise du moyen âge. 32 S. Paris 1837: SilvestreAnton Edmund Wollheim da Fonseca
Die National-Literatur der Skandinavier …
Halle 1875–1877: Hempel, Bd. 1, Kapitel 20, S. 211–213
Dem christlichen Christophorus wurden die heidnischen Attribute genommen, denn der frühe Christophorus trug ein Lamm und wurde als hundsköpfiger Riese dargestellt, der ikonographisch dem ägyptischen Anubis entsprach:
- Das älteste Bildzeugnis des
Christophorus Kynokephalos
- also mit Hundekopf - fand man in Toledo in einem auf Christophorus bezogenen Messtext in einem mozarabischen Sakramentar 3). - 1147 zeigt eine ganzseitige Federzeichnung im Martyriologium des heiligen
Usuardus
zum 25. Juli, dem Tag des Christophorus, die Figur mit Löwenkopf, gezeichnet zwischen 1138 und 1147 im Kloster Zwiefalten 4).
Sein ältester Name Reprobus (lat.), rebrebos (griech.), rabrab (alt-aram.) bedeutet `Der Verworfene«´ 5). Der Sage nach erhielt dieser hundsköpfige Menschenfresser nach der Taufe den Namen Christophorus und die Fähigkeit der menschlichen Sprache. Eine vergleichbare Parabel findet sich bei Enkidu im Gilgamesch-Epos, beide wurden als Wilder Mann dargestellt.
Die christliche Figur des Christophorus ist ein Seelenbegleiter (»Psychopompos«) wie die heidnischen »liminal deities« der Antike (Hermes, Merkur, Anubis, Pushan u.a.). Diese halfen den Seelen der Verstorbenen über den Fluss des Todes in die Unterwelt: Anubis übergab die Seele an Toth, Hermes an Charon, Christophorus jedoch an Petrus, denn die christliche Lehre hatte die Verdammnis durch die Erlösung ersetzt. Ethnologisch gehört er damit zu den »liminal deities«, weil er bei Grenzüberschreitungen hilft, hier also das Durchschreiten eines Flusses oder die Begleitung der Seele ins Jenseits.
Christophorus gehört zur Gruppe der 14 (manchmal 12) Nothelfer im christlichen Glaubenssystem. Seine Bedeutung als Beschützer und Patron der Reisenden und Schiffer, sein Name und seine Attribute verweisen gleichwohl auf viel ältere, Jahrtausende alte Wurzeln aus nomadischer Zeit, siehe Reisegötter. Vielleicht deswegen ist er bis heute im Profanen erfolgreich, als kirchlicher Heiliger jedoch abgesetzt 6).
Christophorus ist eine Figur des Zwischenraums und dort an Übergängen. Die Aufgabe des Christophorus war, den reisenden Menschen vor Gefahren zu beschützen, insbesondere vor dem plötzlichen Tod. Benker
(1975) wies darauf hin, dass die auffällige Verbreitung des Heiligen im Alpenraum durch die besonders gefährlichen Reiseumstände und die Zunahme der Reisetätigkeit über die Alpenpässe begründet sein könnte. Dazu wurde Christophorus oft überlebensgroß dargestellt und nicht nur an exponierten Stellen entlang von Wegen und insbesondere an Pilgerwegen, sondern auch an Kapellen und Kirchen, Herbergen, Gasthäusern, Türmen, Toren, Brunnen, so dass die Figuren von weitem gesehen werden konnten (Bittmann
2003). Die Abstände waren so dicht, dass Reisende täglich mindestens eine Christophorus-Darstellung wahrnehmen konnten. Die Statue des Christophorus im Kölner Dom (1470 von Meister Tilman) ist fast vier Meter hoch und war im Mittelalter die erste Heiligenskulptur, der ein Pilger beim Eintritt in den Dom durch das Südportal begegnete. Ein Reisesegen oder ein Amulett ergänzte den Schutz durch Christophorus.
Literatur
Benker, Gertrud
Christophorus, Patron der Schiffer, Fuhrleute und Kraftfahrer. Legende, Verehrung, Symbol.
192 S. München 1975Bittmann, Yvonne
Standort und Funktion von Christophorusfiguren im Mittelalter.
Masterarbeit bei Johannes Tripps, Kunsthistorisches Institut Universität Heidelberg 2003. 123 S.Hahn-Woernle, Birgit
Christophorus in der Schweiz. Seine Verehrung in bildlichen und kultischen Zeugnissen.
(=Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde) X, 205 S., 2 Karten. Basel 1972: Krebs.
Schwerpunkt sind Darstellungen des Heiligen an Fernstraßen und Handelswegen mit deren Abständen und Weg-Zeit-Tabellen.Kost, Otto-Hubert
Christophorus seine Herkunft und sein Dienst.
194 S. Heimbach/Eifel 2015: Patrimonium. InhaltKrausen, Edgar
Zum Strukturwandel in der Christophorusverehrung.
Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde (1961) p. 171Kretzenbacher, Leopold
Kynokephale Dämonen südosteuropäischer Volksdichtung.
Vergleichende Studien zu Mythen, Sagen, Maskenbräuchen um Kynokephaloi, Werwölfe und südslawische Pesoglavci.
(= Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients, 5) 10 Textabb., 7 Taf., 145 S. München 1968: R. Trofenik.W. Loeschke, S. C. Canineus, E. Redslob
zum 70.Geburtstag
Grundlegende Arbeit zur Geschichte des Heiligen Christophorus
Berlin 1955, S. 33-82Silvia Marin-Barutcieff
In search of an older giant.
ARCHÆVS. Studies in the History of Religions 20 (2016) 465-470. Rezension zuKost
2015Mozzoni, Loretta
;Paraventi, Marta
(Hrsg.)
In Viaggio con San Cristoforo, Pellegrinaggi e Devozione tra Medio Evo e Età Moderna.
Florenz 2000Rosenfeld, Hans-Friedrich
Der hl. Christophorus. Seine Verehrung und seine Legende. Acta Academiae Abonensis Humaniora (Helsingfors), X.3 (1937) 3-552
Mehr als 3.000 Standorte von Christophorus-Darstellungen.P. Saintyves
Saint Christophe: Successeur d'Anubis, d'Hermès et d'Héracle.
Les Édition Émile Nourry, Paris 1936Heinrich Schauerte
Der heilige Christophorus.
in: Die Kirche und der Straßenverkehr, hrsg. vom Verlag Wort und Werk GmbH, Köln 1964
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Jacob Grimm
Irmenstrasse und Irmensäule: eine mythologische Abhandlung.
65, 1 S. , 1 Bl. Wien 1815: Mayer. Online S. 36-39
Scheil, Elfriede
Der Sinnzusammenhang zwischen wildem Mann und Totenschädel in Albrecht Dürers Paar mit Totenkopfwappen von 1503.
Zeitschrift für Kunstgeschichte, 73.3 (2010) 433–444. Inhalt S. 436, Fußnote 7 mit Verweis auf Loeschke 1955
Scheil, Elfriede
Der Sinnzusammenhang zwischen wildem Mann und Totenschädel in Albrecht Dürers Paar mit Totenkopfwappen von 1503.
Zeitschrift für Kunstgeschichte 73.3 (2010) 433–44. Online mit Verweis auf Walter Loeschke: Sanctus Christophorus Caninenus S. 33–82 in: Edwin Redslob zum 70. Geburtstag: eine Festgabe. Berlin 1955
Kost, Otto-Hubert
1929-2015Christophorus: Seine Herkunft und sein Wesen
Heimbach: Patrimonium-Verlag, 2015
Richilde
und Paul Werner
Christophorus. Die Faszination eines „Abgeschafften Heiligen“. Ars Bavarica, 82 (1999) 7-28